„Metternicher Geschichten“

Erinnerungen von Katharina Schaaf geb. Dott aus Metternich

Ihr Name ist den Koblenzern wohlbekannt. Ihre Gedichte finden bis heute viel Anklang. Weil sie so menschlich sind, so humorvoll, mit Herz und Lebensweisheit geschrieben und immer ein Stückchen Wahrheit enthalten. In mehr als 40 Jahren hat Katharina Schaaf in der Rhein-Zeitung mehr als 1000 Gedichte veröffentlicht, die man in zwei Büchern nachlesen kann. 70 davon widmete Katharina Schaaf dem Koblenzer Karneval, einem ebenso beliebten Brauchtum wie der Pflege der Mundart. (Einleitungstext Website www.katharina-schaaf.de)

„Entwertete Moneten“

Im Jahre 1922 ging das ärmliche Nachkriegsleben innerhalb der großen Familie und draußen im Land weiter. Die Inflation war im Gange mit ständig neuen Geldscheinen. Die großen frischgedruckten Scheine in der Hand meiner Mutter machten mich als sechsjähriges Kind sehr neugierig. Zuerst dachte ich, bei uns wäre über Nacht der Reichtum ausgebrochen. Aber die Klagen der Menschen über das Wenige, was man für so viel „Moneten“ bekam, ließ mich ahnen, dass unser vermeintlicher „Reichtum“ ein Trugschluss war.

Auch der Kummer meiner Großmutter blieb uns nicht verborgen die ihr Vermögen in Goldmark durch die Inflation verloren hatte. Einige Jahre vor dem 1. Weltkrieg musste sie nämlich durch den frühen Tod meines Großvaters das gemeinsam aufgebaute Anwesen „Gasthaus zur Fähre“ verkaufen. Die inzwischen verheirateten ältesten Töchter, fehlten ihr außerdem als Hilfe in dem Gastbetrieb mit Fähre und Moselfischbraterei.

Als mein Großvater ‚Valentin Kröber‘ aus dem Krieg 1870-71 zurückkehrte, schloss er bald die Ehe mit meiner Großmutter ‚Margaretha geb. Andernach‘ Das Bestreben des jungen Paares war, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Irgendwann, ich weiß das Datum nicht genau, entstand dann mit Fleiß und Ausdauer das „Gasthaus zur Fähre“ mit Konzession. Zur damaligen Zeit war es ein gutbesuchtes Haus für Ausflügler aus Koblenz und Umgebung.

In Pferdekutschen, zu Fuß und immer mit vielen Kinden waren die Leute unterwegs. Der gesunde Moselfisch schmackhaft gebacken, hatte eine große Anziehungskraft. Im Wirtshausgarten mit dem schönen Blick auf die Mosel, gab es für die kleinen Gäste eine Schaukel und andere Spielgeräte, die mein Großvater selbst gezimmert hatte.

Vom Moselweißer-Ufer schallte durch hohle Hände oft der Ruf: „Fährmann hol über“! Das waren die reichen jungen Zöglinge aus dem Internat „Kemperhof‘ von Patres geführt, die gerne mal zum ‚Valentin‘ entwischten. Viele romantische Geschichtchen, die meine Eltern erzählten habe ich bis heute nicht vergessen.

Leider konnte ich nur die letzten Jahre meiner Großmutter miterleben, als sie schon alt, arm und gebrechlich war. Einen Satz von ihr klingt mir immer noch im Ohr: ,,mäi good Haus gieht bestemmt de Bach e’ronner“. Sie wohnte nämlich genau gegenüber von ihrem einstigen Besitz und konnte wachsam beobachten, was sich dort so abspielte. Der neue junge Gastwirt war sich immerhin der beste Kunde.

Der Satz „mäi good Haus gieht bestemmt de Bach e’ronner“ hatte damals meine kindliche Fantasie geweckt. Im Geiste sah ich das mühevoll erarbeitete Anwesen meiner Großeltern bei Hochwasser die Mosel runter treiben bis zum Deutschen Eck. Vielleicht war es auch die Logik eines Kindes, denn Hochwasser gab es zu allen Zeiten, welches den Anwohnern nahe Rhein und Mosel Sorgen machte und finanzielle Verluste einbrachte. Im zweiten Weltkrieg machte eine Fliegerbombe dem alten „Gasthaus zur Fähre“ den endgültigen Garaus.

Das „Tausendjährige Reich“ verkündete seinerzeit: Neues Leben erblüht aus den Ruinen! Das „Reich“ hat nicht überlebt und leider viele Millionen Menschen auch nicht. Aber wir, Gott sei’s gedankt, sind noch da! Alle Metternicher und ein großes Publikum weit darüber hinaus hat nach über hundert Jahren noch das Glück, die herrlich gelegene Gaststätte heute „Fährhaus am Stausee“ zu besuchen.

Möge dieses gutgeführte Haus mit allem was es zu bieten hat, uns noch viele schöne Jahre zur Freude und Erholung dienen. Das hoffen und wünschen wir alle!

Fortsetzung folgt!

Zugesendet von Jürgen Neidhöfer Metternich – 15.12.2023
Foto Website www.katharina-schaaf.de

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