Verkehrsversuch in Metternich

Darf der das?

Mit dem Rollator mitten auf der Straße wo doch links und rechts ein Gehweg ist. StVO §25: „Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen. Auf der Fahrbahn darf nur gegangen werden, wenn die Straße weder einen Gehweg noch einen Seitenstreifen hat.“

Oder ist das kein Gehweg? Die empfohlene Breite für einen Gehweg von 2,50 m wird an der Stelle nicht erreicht. Oftmals verengen Kännelfallrohre die Durchgangsbreite auf wenige Zentimeter und der Rollatorschieber müsste sowieso den unzureichenden Gehweg verlassen. Es gibt kein ausreichend breiter Gehweg an der stark befahrenen Trierer Straße, Raiffeisenstraße und Oberdorfstraße.

Sicherheit für Verkehrsteilnehmer ist kein Komfort sondern Grundvoraussetzung für die Akzeptanz. Ohne sicheren Verkehrsraum für Fußgänger und Fahrradfahrer wird man auf sein Auto nicht verzichten wollen. Helikoptereltern die Kinder weiterhin zur Schule fahren. Schüler werden nicht auf das Fahrrad umsteigen. Der Verzicht auf das Auto, was allgemein als Verkehrswende bezeichnet wird, ist wahrscheinlich keine vermeidbare Option. Durch Ressourcenknappheit und internationale Verpflichtungen zum Klimaschutz wird es zwangsläufig zur Verkehrswende kommen. Bedürftige Personen, Personen ohne Führerschein, gehandicapte Personen werden als erste auf das Auto verzichten müssen. Der „Stadt Koblenz“ kommt die Aufgabe zu eine entsprechende Infrastruktur zu schaffen.

Vor Wochen wurde in einer Pressemitteilung der Stadt Koblenz der Verkehrsversuch am Kirmesplatz angekündigt. In dieser Mitteilung wird auch auf die wichtige Wegebeziehung zur KiTa und Grundschule hingewiesen. Im Fokus stehen aber die  Umgestaltung des Kirmesplatzes und der behindertengerechte Ausbau des Haltepunkts. Bei dem Verkehrsversuch sollen mobile Verkehrselemente die Fahrbahn verengen, um den Begegnungsverkehr einzuschränken und die Auswirkung auszuwertet. So ist es zu lesen. Inzwischen sind die Verkehrselemente aufgebaut und man wird den Eindruck nicht los, es handelt sich um eine Pseudoaktion. Dem Fußgänger möchte man nicht zu viel Rechte einräumen. Der Platz ist begrenzt. So ist eine Schikane für Autos und Fußgänger entstanden. Nach wie vor ist der Gehweg zu eng für Fußgängergruppen, Rollatorschieber, Rollstühle und Kinderwagen. Nach wie vor ein zu schmaler Gehweg zugunsten von Parkplätzen. Die ein- und ausparkenden Autos auf dem Kirmesplatz rangieren nach wie vor über den Gehweg. Ein negatives Ergebnis ist auch ein Ergebnis. So geht es nicht.

Schon vor dem Verkehrsversuch hat sich das Bauamt dem Problem im Oberdorf scheinbar angenommen. Nach der Verbreiterung des Gehwegs vor der Fontane Apotheke hat die CDU angekündigt: >bei einer späteren Ortsbesichtigung sollen weitere Stellen „aufgespürt“ werden, um dort Möglichkeiten der Gehwegerweiterung zu prüfen.< Der Gehweg vor der Fontane Apotheke ist jetzt 2,50m. Die Gehwegbreite vor dem Friseursalon ist trotz Baumaßnahmen nicht ausreichend. Besser, aber immer noch nicht ausreichend. Eine Insellösung vor der Apotheke oder am Kirmesplatz bringt nichts. In der Verkehrsplanung hat man eine Wegebeziehung: Start und Ziel. Auf der gesamten Strecke muss ein Standard gewährleistet sein. Eine gehandicapte Person, die an der behindertengerechten Bushaltestelle aussteigt, muss sich darauf verlassen können, auf ausreichend gesicherten Gehwegen das Ziel zu erreichen. Eine durchgehende Verbreiterung der Gehwege, beidseitig auf 2,50m, ist nicht möglich. Die Bebauung im Oberdorf ist zu eng. Die Straßen zu schmal.

Wie könnte also die Reorganisation zu einem sicheren Verkehrsraum aussehen? Was wäre ein sinnvoller Verkehrsversuch?

Autofreie-Zone:  Eine Umwandlung des Oberdorfs, mit den angrenzenden großen Wohngebieten Ketteler-Siedlung, Eulenhorst und Bienenstück in eine Autofreie-Zone ist  schwer vorstellbar. Jeder Anwohner möchte mit seinem Auto an seinem Haus parken. Noch haben alle Anwohner das Gefühl nicht auf das Auto verzichten zu können.

Ausweisung einer Verkehrsberuhigten Zone:

Zu erwartende kurzfristige Auswirkung: Die Verkehrsteilnehmer müssen diesen begrenzten Verkehrsraum teilen. So können alle Verkehrsteilnehmer die Straße nutzen und nehmen gegenseitig Rücksicht. Die Nutzung des privaten PKWs würde sich verändern. Der Durchgangsverkehr würde das Oberdorf meiden. Helikoptereltern ihre „Hubschrauber“ stehen lassen. Nach kurzer Übergangszeit wird der PKW-Verkehr stark abnehmen.

Langfristige Auswirkung: Durch sichere Gehwege, Fahrradwege und ÖPNV (auch auf der Schiene als schnelle Verbindung zum Bahnhof) wird das privat genutzte Auto zunehmend uninteressant. PKW-Dichte nimmt ab, mit der Konsequenz weniger Stellfläche für PKW zu benötigen und mehr Grünflächen zu bekommen. Metternich wird sich wieder zu einer 15-min-Stadt umorganisieren. Metternich bekommt mehr Lebensqualität.

Kleine und große Städte und Metropolen dieser Welt machen es vor. Groningen, Kopenhagen, Barcelona, Paris, Madrid, Stuttgart oder New York, allen ist gemeinsam eine Umverteilung des Verkehrsraums. Weg vom Motorisierten Individual Verkehr (MIV), hin zum Öffentlichen (Schienen) Personen Nah Verkehr (ÖPNV), Fahrrad und Fußgänger. Es ist die Einsicht der begrenzten Energieressourcen, der begrenzten Finanzmittel, des begrenzten Verkehrsraums, der Einhaltung von Feinstaubauflagen und Klimaschutzbestimmungen die zu dem Umdenken geführt hat. Nichts passiert über Nacht, nichts geht von allein nur anfangen müssen wir. Das was in Metropolen möglich ist, sollte auch in Metternich möglich sein. Eine Verkehrsberuhigte Zone wäre kein innovativer Verkehrsversuch sondern die Kopie einer bewährten Maßnahme.

Johannes Fuck Metternich – 01.06.2023
Foto Johannes Fuck

Eine Kommentar

  1. Jochen Wilberg

    Viele Bereiche im Oberdorf sollten wie in Horchheim umgestaltet werden. Weg mit den schmalen und gefährlichen Bürgersteigen. Straße und Gehweg auf eine Ebene bringen, an engen Stellen Poller aufstellen, ggf. Tempo 20 einführen. Dieses wurde in Horchheim wieder abgeschafft, weil es auch mit Tempo 30 funktioniert. Eine von den Busfahrern zu steuernde Ampel wäre auch gut, um den Begegnungsverkehr im Nadelöhr zu verhindern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.