Psychologisches Projekt an der Uni Koblenz mit über 500.000 Euro gefördert

Über 500.000 Euro erhält Dr. Fabian Wolff, Junior-Professor für Pädagogische Psychologie und Empirische Forschungsmethoden an der Universität in Koblenz, für 36 Monate von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Einrichtung einer wissenschaftlichen Nachwuchsgruppe. Diese Gruppe im Emmy Noether-Programm der DFG wird zum Thema „Vergleichsprozesse bei der Ausbildung akademischer Selbstkonzepte“ forschen. Für die erfolgreiche Fortsetzung der wissenschaftlichen Arbeit stehen weitere rund 500.000 Euro für zusätzliche 36 Monate in Aussicht.

Das Emmy Noether-Programm ermöglicht herausragend qualifizierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern, eine wissenschaftliche Nachwuchsgruppe eigenverantwortlich zu leiten. Bisher wurden erst zwei Wissenschaftler aus dem Bereich der Pädagogischen Psychologie in das Emmy Noether-Programm der DFG aufgenommen.

An der Universität in Koblenz wird die Nachwuchsgruppe voraussichtlich zum 1. September 2022 gebildet. Sie wird in der ersten Phase aus Wolff und zwei Doktoranden bestehen. In der zweiten Phase werden neben Wolff ein Postdoktorand und ein Doktorand in der Gruppe arbeiten, um Vergleichsprozesse bei der Entwicklung akademischer Selbstkonzepte zu erforschen.

Unterstützung von Schulkindern zur positiven Selbsteinschätzung

Akademische Selbstkonzepte bezeichnen schulfächerspezifische Selbsteinschätzungen von Fähigkeiten seitens Schülerinnen und Schülern, so zum Beispiel, ob Schulkinder sich für mathematisch oder sprachlich begabt halten. Diese Konzepte bestimmen signifikant die Leistung, Motivation, Interessen, Prüfungsangst, Studien- und Berufswahl von Schülern. Somit gehören sie zu den wichtigsten Konstrukten der Pädagogischen Psychologie. Unter den vielfältigen Faktoren, die an der Ausbildung akademischer Selbstkonzepte beteiligt sind, die also das Erleben und Verhalten von Schulkindern beeinflussen, haben sich in der Vergangenheit drei Vergleichsarten als besonders bedeutsam gezeigt: Dies sind soziale Vergleiche eigener Leistungen mit den Leistungen anderer, temporale Vergleiche eigener Leistungen mit eigenen früheren Leistungen und dimensionale Vergleiche eigener Leistungen in unterschiedlichen Schul-Fächern.

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Schüler gewöhnlich ein höheres Selbstkonzept aufweisen, wenn sie im jeweiligen Schul-Fach eine höhere Leistung zeigen als ihre Mitschüler, als zu früheren Zeiten und als in anderen Fächern. Soziale, dimensionale und temporale Vergleiche sind an der Entwicklung fachspezifischer Selbstkonzepte maßgeblich beteiligt – und haben somit auch einen Einfluss auf die wichtigen Faktoren, die von Selbstkonzepten beeinflusst werden. Dennoch bestehen noch zentrale Forschungslücken – sowohl hinsichtlich der psychologischen Prozesse während der Ausbildung der Selbstkonzepte durch Vergleiche als auch hinsichtlich der Wirkungen von Vergleichen auf diese Selbstkonzepte.

Ausgehend von einem neu entwickelten Vergleichsmodell zur Entstehung von Selbstkonzepten werden diese Forschungslücken von der Forschergruppe in drei Arbeitspaketen gefüllt: Im Arbeitspaket „Prozesse“ liegt der Fokus auf Unähnlichkeiten bei der Durchführung von Vergleichen, der Bewusstheit von Vergleichen, der Auswahl von Vergleichsstandards, der Reihenfolge sozialer, temporaler und dimensionaler Vergleiche sowie deren Wechselbeziehungen. Kenntnisse über diese Prozesse können nützen, um Schüler bei der Entwicklung positiver Selbstkonzepte zu unterstützen. Obwohl mathematische und verbale Leistungen in einem stark positiven Zusammenhang stehen – Schüler sind entweder mathematisch und verbal begabt oder weder mathematisch noch verbal begabt – haben Schüler in der Regel nur in einem dieser Bereiche, in dem sie eine etwas bessere Leistung erzielen, ein hohes Selbstkonzept. Infolge dimensionaler Vergleiche zwischen mathematischen und verbalen Leistungen werden also Leistungsunterschiede zwischen mathematischen und verbalen Leistungen überakzentuiert. Es ließ sich jedoch zeigen, dass diese Effekte stärker ausfallen, wenn Schüler fälschlich glauben, dass sich eine hohe mathematische und verbale Begabung ausschließen. Durch Aufklärung mit Hilfe von empirischen Daten darüber, dass man in beiden Bereichen begabt sein kann, ließe sich den negativen Effekten dimensionaler Vergleiche möglicherweise entgegenwirken.

Im Arbeitspaket „Effekte“ wird eine Analyse aller Studien, in denen die gleichzeitigen Wirkungen sozialer, temporaler und dimensionaler Vergleiche untersucht wurden, sowie eine Analyse aller bisher veröffentlichten Forschungsergebnisse von Selbstkonzeptuntersuchungen durchgeführt. Außerdem wird die Förderung akademischer Selbstkonzepte durch Veränderung verschiedener Überzeugungen und Wahrnehmungen, die im Zusammenhang mit Vergleichseffekten stehen, erforscht. Im Arbeitspaket „Integration“ entwickeln die Wissenschaftler abschließend eine umfassende Vergleichstheorie der Ausbildung akademischer Selbstkonzepte. Diese Vergleichstheorie wird auf den Befunden der beiden ersten Arbeitspakete und weiteren Studien zur Untersuchung von Vergleichen basieren und erstmals soziale, temporale und dimensionale Vergleiche integrieren.

Im Rahmen des Projekts kooperiert die Gruppe mit einigen der renommiertesten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf den Gebieten der Forschung zu Selbstkonzepten und Vergleichen aus Europa, Afrika, Australien und den USA. Darunter sind Prof. Dr. Herb Marsh, Prof. Dr. Jacquelynne Eccles, Prof. Dr. Allan Wigfield und Prof. Dr. Thomas Mussweiler.

Dr. Birgit Förg Universität Koblenz-Landau – 16.03.2022

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