100 Jahre „Metternicher Eul’“

Ein Wahrzeichen feiert Geburtstag

von Petra Weiß

Seit nun schon 100 Jahren schaut der Adler auf dem Metternicher Kriegerdenkmal von der Höhe des Kimmelbergs auf das Moseltal herab: die Schwingen angelegt, aber wachsam, wie zum Abflug bereit. Aber kein Metternicher, ja auch kein Koblenzer, redet von einem Adler, sondern ganz selbstverständlich von der „Metternicher Eul’“ – ein Name, der auch für die Einwohner des zweitgrößten Stadtteils gilt.

Als der 1896 gegründete Metternicher Krieger- und Landwehr-Verein im Frühjahr 1913 die Errichtung eines Kriegerdenkmals beschloss, befand man sich am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Die Entscheidung für den Bau fiel einstimmig bei der Generalversammlung am 8. April im Wirtshaus von Johann Jakob Flöck in der Trierer Straße 328. Der Vereinsvorsitzende, der Bürgermeisterei-Sekretär Wilhelm Koenen, brachte in seiner Ansprache die Beweggründe der Anwesenden auf den Punkt: Man wolle seine Dankespflicht gegenüber den Gefallenen der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 und der drei sogenannten Einigungskriege (1864, 1866 und 1870/71) erfüllen. Das Denkmal solle dauerhaft an deren Namen und ihren Tod erinnern, der das jetzige Vaterland in seiner Größe ermöglicht und zusammengeschweißt habe.

Abb_1 Briefkopf Krieger- und Landwehr-Verein 1913

Der Briefkopf des Krieger- und Landwehr-Verein von 1913. Er ist geschmückt mit dem Eiseren Kreuz, einem ursprünglich vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gestifteten Orden. (Stadtarchiv Koblenz 655,124 Nr. 22)

In der damals noch selbständigen Gemeinde Metternich war man mit der Denkmalsstiftung recht spät dran. Die Leipziger Völkerschlacht lag fast 100 Jahre zurück, die Kriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich, die zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 geführt hatten, waren auch schon über 40 Jahre vorbei. In vielen anderen Orten gab es längst Kriegerdenkmäler, die nachträglich dem Tod der Gefallenen einen Sinn geben sollten, nämlich den der heroisch-patriotischen Pflichterfüllung. Das späte Metternicher Gründungsdatum lässt durchaus den Schluss zu, dass sich die aufgeheizte politische Stimmung kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs auch im Kriegerdenkmal ausdrückte. Der wachsame, fast lauernde Blick des Adlers geht in Richtung Südosten, als könnten jeden Moment Truppen aus dem Nachbarland Frankreich, dem alten Erbfeind, ins Moseltal einmarschieren.

Um sein Vorhaben zu verwirklichen, bildete der Krieger- und Landwehr-Verein eine Baukommission unter dem Vorsitz Koenens. Als Metternicher Honoratioren gehörten der Kommission an: Bauunternehmer und Architekt Nikolaus Eiden, Steinhauermeister Wilhelm Geisen, Kalkbrennereibesitzer Josef Kröll, Gärtner Jakob Weller, Bäcker und Wirt Johann Jakob Flöck, Weichensteller Johann Valentin Hartung, Kohlenhändler Adam Kirsch, Metzger Matern Lemler, Barbier Johann Rath, Wirt Wilhelm Schmengler und Bäcker Joseph Wegmann. Zusätzlich wählte der Gemeinderat drei Mitglieder in die Kommission, und zwar den Landwirt Heinrich Dötsch, den Gemeindevorsteher Hermann Josef Ollig (1853-1924, Bäcker, Kolonialwarenhändler und Ziegeleibesitzer) und den Regierungsbaumeister a. D. Max Weidtman.

Max Weidtman (1858-1921) kam bei Planung, Ausführung und Einweihung des Denkmals eine zentrale Rolle zu. Er wohnte erst seit Anfang 1912 in Metternich, nämlich im „Schlösschen“ an der oberen Trierer Straße. Der gebürtige Dortmunder war bei seiner beruflichen Tätigkeit im Eisenbahnbau in der deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) im wahrsten Sinne des Wortes steinreich geworden. Nach Diamantenfunden durch schwarze Arbeiter erwarb er zusammen mit anderen (weißen) Teilhabern die Schürfrechte für einen ganzen Landstrich und kehrte als äußerst wohlhabender Mann nach Deutschland zurück. In Metternich kaufte er ein stattliches Gebäude am westlichen Ortsende, „Schloß Himmrode“ genannt, und baute es zur Villa „Haus Weidtman“ um. Die in einem Park samt Nebengebäuden gelegene Villa war für damalige Verhältnisse geradezu luxuriös und mit den neuesten technischen Errungenschaften ausgestattet, wozu auch ein Windrad für die Wasserversorgung gehörte. Dort lebte Weidtman mit Frau Lotte geb. Schürrmeister (1879-1920), den beiden Kindern Max (* 1910) und Anni (* 1911) sowie Personal. Im Gemeinderat hatte er gemäß preußischer Landgemeindeordnung als sogenannter Meistbegüterter automatisch einen Sitz, seit Ende 1912 war er Erster Verordneter der Gemeinde. Weidtman war der größte Steuerzahler der Gemeinde und sollte sich immer wieder als ihr generöser Wohltäter erweisen.

Abb_2 Weidtman Geburtstagsfeier

Die Festgesellschaft an Lotto Weidtmans 34. Geburtstag am 5. August 1913 im Park von Haus Weidtman. Links vor dem Brunnen mit dem Liebesgott Amor als Brunnenfigur die Familie Weidtman: Max (im hellen Jackett) und Lotte mit ihren beiden Kindern. (Stadtarchiv Koblenz FA1)

Als die Baukommission Ende April 1913 den Platz für das Denkmal aussuchte, sprach man sich auf den energisch vorgebrachten Vorschlag Weidtmans einstimmig für die Kuppe des Kimmelbergs aus. Für die Gestaltung des Denkmals sollte ein Wettbewerb ausgeschrieben werden und die Auswahl des besten Entwurfs sollte der Regierungspräsident a. D. Dr. Eduard zur Nedden, der Vorsitzende des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz, treffen. Anschließend wurde die nächste Kommission gebildet, nämlich die Denkmalkommission unter dem Vorsitz von Johann Effelsberg, dem Bürgermeister von Koblenz-Land. Ihr gehörten neben Weidtman, Eiden, Ollig und Koenen der ehemalige Besitzer der Weißbierbrauerei am Wellingsweg, Dr. Jakob Alexander Müller (1862-1933), Hauptlehrer Peter Kirchrath als Kassenverwalter und der Bürgermeisterei-Sekretär Zwick als Schriftführer an, außerdem als Sachverständige Geisen und Stukkateurmeister Peter Rath. Erstaunlich schnell, nämlich schon Ende Mai, legte sich die Kommission auf den Denkmalsentwurf des Architekten Wilhelm Müller aus Frankfurt am Main fest, der am 29. Juni nach Metternich kam und mit der Denkmalkommission die Ausführung besprach. Dass Müller sich überhaupt an dem Wettbewerb beteiligt hatte, war wohl kein Zufall: Er hatte die Umbauarbeiten am Anwesen Weidtmans geplant. Müller orientierte sich bei seiner Konzeption an den örtlichen Gegebenheiten der Landschaft. Vom Rand des relativ steil abfallenden Hangs des ca. 75 Meter hohen Kimmelbergs führt eine 16 Meter breite Freitreppe mit zehn Stufen hoch zum Denkmal. An den Treppenseiten waren Feuerpfannen von 1,5 Meter Durchmesser vorgesehen; sie wurden wohl nicht verwirklicht. Das Denkmal selbst ähnelt einem Turm. Die Grundfläche ist quadratisch mit einer Seitenlänge von 5,5 Metern, die Höhe beträgt 9,29 Meter. Müller wählte eine Gestaltung im Bossenquaderstil, es wurden also nur grob behauene Steine verwendet. Man entschied sich für Trachyt als Baumaterial, ein Gestein vulkanischen Ursprungs. Hinter dem Denkmal sollte eine halbkreisförmige Eichenhecke mit drei Sitzbänken die Gesamtanlage komplettieren. Den Bau des Denkmals führten die Metternicher Baufirmen Peter Paul Schmitz und Nikolaus Eiden aus.

Abb_3 Eule Steinmetz Geisen

Der fertige Adler im Hof der Werkstätte von Steinmetzmeister Wilhelm Geisen in der Trierer Straße 125. (Stadtarchiv Koblenz FA1)

Der Entwurf für den Adler als dem krönenden Motiv des Denkmals stammt ebenfalls nicht von einem Künstler aus Koblenz oder der Region, sondern von Carl Stock (1876-1945), einem bekannten Frankfurter Bildhauer und Medailleur. Das Adlermotiv findet sich häufiger bei seinen Medaillen und der Kontakt zu Stock ging offenbar von Architekt Müller aus. Der Adler war sowohl das Wappentier und Hoheitszeichen des Königreichs Preußen als auch des Deutschen Kaiserreichs. Eher untypisch und selten ist aber die von Stock gewählte Sitzhaltung des Vogels mit fast angelegten Schwingen, weit häufiger und bekannter ist der Adler mit ausgebreiteten Flügeln. Wahrscheinlich ging diese Art der Darstellung auf den Wunsch Müllers zurück, der in einem Brief an Bürgermeister Effelsberg vom 16. Juli die Meinung vertrat, auf das Denkmal gehöre eine „kompakte Masse“ und nicht ein friderizianischer Adler, wie ihn zur Nedden ins Gespräch gebracht hatte. Die Ausführung des Adlers, ebenfalls aus Trachyt, übernahm der Metternicher Steinmetzmeister Wilhelm Geisen, Mitglied der Bau- und Denkmalkommission. Geisen fertigte auch das Eiserne Kreuz an, das auf der Denkmal-Vorderseite unterhalb des Adlers angebracht wurde. Es trägt unter der Krone die Initiale „W“ für den preußischen König Wilhelm I. und die Jahreszahl 1870 für das Jahr der (Neu-)Stiftung dieser Kriegsauszeichnung bei Beginn des Deutsch-Französischen Kriegs.

Abb_4 Grundsteinlegung

Die Feier zur Grundsteinlegung am 14. Juni 1913. (Heimatkalender Koblenz Metternich, Blatt April 1993)

Nachdem die Entscheidung für den Entwurf von Denkmal samt Adler gefallen war, ging der eigentliche Bau bis hin zur Enthüllung zügig voran. Die Gemeinde Metternich erwarb die erforderlichen knapp 16 Ar Grund und Boden auf dem Kimmelberg je zur Hälfte durch eine Schenkung des Grundstücksmaklers Peter Jennes und durch Ankauf von Johann Siebenborn. Am Samstag, dem 14. Juni 1913 fand dann die Grundsteinlegung statt. Der Programmzettel hob schon optisch deutlich hervor, dass bei der Festfeier das 25-jährige Regierungsjubiläum des preußischen Königs und Deutschen Kaisers Wilhelm II. im Vordergrund stand – ein deutlicher Beleg dafür, dass das Denkmal nicht zuletzt eine preußisch-monarchische und deutschnationale Dimension hatte. Kurz nach 18 Uhr bewegte sich ein großer Festzug aus Kriegern, Schützen, Sängern und Turnern auf den Kimmelberg, angeführt von der Musikkapelle des Rheinischen Train-Bataillons Nr. 8. An dem dort in Originalgröße aufgebauten Holzmodell des Denkmals begrüßte der Bürgermeister von Koblenz-Land, Johann Effelsberg, die Anwesenden. Dann hielt der Geheime Regierungsrat, Landrat und Major a. D. Franz von Barton genannt von Stedman die Festansprache, in der er der Heldentaten der vergangenen 100 Jahre und der Ruhmestaten der Veteranen gedachte. Er betonte, dass auch heute innere Einigkeit notwendig sei, und schloss mit einem Hoch auf den Kaiser. Anschließend legten Effelsberg und von Stedman gemeinsam den Grundstein. Als Sinnspruch wählten sie „Ein Denkmal von Stein, am Waldesrand, mit Gott für König und Vaterland.“ Ab 20 Uhr wurde dann im Saal des Lokals „Zur Post“ des Wirts Julius Rath, Trierer Straße 322, bei teils unterhaltsamen, teils patriotischen Musik- und Liedvorträgen der beiden Gesangvereine „Liedertafel“ und „Liederkranz“ gefeiert, es spielte wieder die Bataillonskapelle. Auf die Festrede des Hauptmanns der Landwehr a. D. Dr. Müller, des Ehrenvorsitzenden des Krieger- und Landwehr-Vereins, folgte die Kaiserhuldigung, also das Hoch auf den Monarchen. Weidtman zeigte sich einmal mehr großzügig und übernahm sämtliche Kosten der Feier, die bis Mitternacht dauerte.

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Die zweiseitige Einladung zur Einweihungsfeier am 19. Oktober 1918 (Stadtarchic Koblenz 655,124 Nr. 22)

Auch bei den Feierlichkeiten zur Enthüllung und Einweihung des fertigen Denkmals am 19. Oktober 1913 stand der patriotisch-nationale Aspekt im Vordergrund und nicht der eigentliche Sinn des Gedenkens an die gefallenen Gemeindemitglieder. Diesmal begannen die Feierlichkeiten schon am Samstagabend, dem 18. Oktober mit dem Abfeuern von Böllerschüssen. Am Sonntagmorgen besuchten die Mitglieder der beteiligten Vereine dann zunächst die beiden Festgottesdienste, getrennt nach Konfessionen in der katholischen Pfarrkirche St. Johannes und in der evangelischen Kapelle an der Trierer Straße. Ab 13 Uhr formierten sich dann die Teilnehmer des Festzugs am Bubenheimer Weg, wo auch die eingeladenen auswärtigen Kriegervereine empfangen wurden. Für die musikalische Umrahmung sorgte diesmal die Kapelle des Rheinischen Pionier-Bataillons Nr. 8. Dann setzte sich der Festzug aus über 50 Vereinen durch die mit Fahnen und Girlanden geschmückten Straßen in Richtung Kimmelberg in Bewegung, wo um 15 Uhr die Enthüllungsfeier stattfand. Die Begrüßung erfolgte dort wiederum durch Bürgermeister Effelsberg, der als Vorsitzender des Denkmalausschusses auch die Einladung unterzeichnet hatte. In seiner Festansprache erinnerte Dr. Müller insbesondere an die Völkerschlacht bei Leipzig. Nach der Enthüllung des Denkmals brachten die Anwesenden ein begeistertes Hoch auf den Kaiser aus und sangen die Nationalhymne. Danach nahm Effelsberg das Denkmal in die Obhut der Gemeinde und legte einen Lorbeerkranz mit einer schwarz-weiß-roten Schleife, d. h. mit den Farben des Kaiserreichs, nieder. Im Ort gingen die Feierlichkeiten ab dem Spätnachmittag in 14 Gaststätten weiter, während der Festausschuss, die Ehrengäste und die anwesenden Offiziere von Weidtman in sein nahe gelegenes Haus eingeladen waren. Abends versammelten sich die Metternicher auf dem Kirmesplatz, von wo man das bengalisch beleuchtete Denkmal bestaunen konnte, und es wurde ein Choral gesungen. Anschließend zog ein Fackelzug zum Haus Weidtman, um dem Hausherrn für seine freigebige Unterstützung des Denkmalprojekts zu danken. Damit endete der offizielle Teil der Feierlichkeiten, in den Lokalen wurde bei Musik und Tanz aber noch lange gefeiert; der Wirte-Verein Metternich hatte die Festivitäten in den Sälen geplant und koordiniert. Der Krieger- und Landwehr-Verein profitierte vom neuen Denkmal insofern, als er seine Mitgliederzahl innerhalb des Jahres 1913 von 66 auf 129 fast verdoppeln konnte. Darin lässt sich aber auch eine steigende Kriegsbegeisterung ablesen, die offenbar auch die Metternicher erfasst hatte.

Abb_7 Einweihung Bild 1

Die Feier zur Einweihung des Denkmals am 19. Oktober 1913 (Heimatkalender Koblenz-Metternich. Blätter Januar 1991 und Oktober 1993)

Abb_8 Einweihung Bild 2

Der Denkmalbau war durch Spenden finanziert worden, um die in einer Sammlung von Haus zu Haus gebeten wurde. Den Löwenanteil der Kosten von knapp 7.500 Mark, nämlich 4.500 Mark, hatte Weidtman beigesteuert. Er übernahm nach der Endabrechnung im März 1914 auch die noch ungedeckten Ausgaben von 623 Mark. Laut seinem Schreiben an Bürgermeister Effelsberg wollte er damit der Gemeinde sein Entgegenkommen beweisen und hoffte, im Gegenzug dasselbe erwarten zu können. Als zeitgleich ein Verkehrs- und Verschönerungsverein gegründet wurde, der sich als Ziel insbesondere die dringend notwendige Verschönerung des Denkmalplatzes setzte, schenkte ihm Weidtman ein Startkapital von 200 Mark. Das Engagement Weidtmans würdigte der Metternicher Gemeinderat durch seinen Beschluss vom 20. Dezember 1913, das Plateau des Denkmalplatzes „Weidtmanshöhe“ zu benennen. Weidtman dankte für diese Ehrung mit dem Hinweis darauf, dass er das patriotische Werk gerne unterstützt habe und glaube, ein gutes Verhältnis zur Gemeinde aufgebaut zu haben. 1929, acht Jahre nach seinem Tod, wurde eine Straße nach Weidtman benannt, der die Gemeinde, ihre Bedürftigen und Vereine auch testamentarisch großzügig bedacht hatte.

Abb_9 Haus Weidtman GesamtansichtAbb_10 Haus Weidtman BadezimmerAbb_11 Haus Weidtman SpeisezimmerAbb_12 Haus Weidtman Damenzimmer

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Die Ansichtskarten gehören zu einer ganzen Serie über das Haus Weidtman. Sie zeigen die geschmackvolle, komfortable und zugleich moderne Ausstattung. (Stadtarchiv Koblenz FA 4,21 Nr. 4, Bilder 218.224,232,235)

Wie sah nun das Gedenken an die Gefallenen auf dem neuen Denkmal aus? Seitlich informierten Inschriftenplatten zunächst über die Daten der Grundsteinlegung und der Einweihung: „Grundsteinlegung 15. Juni 1913“ und „Enthüllung 18. Oktober 1913“. Diese Daten sind nicht ganz korrekt, sondern entsprechen den Jahrestagen der Thronbesteigung Kaiser Wilhelms II. 1888 und der Völkerschlacht bei Leipzig 1813. Auf der Frontseite stand „Ihren im Kriege gefallenen Söhnen / Die Gemeinde Metternich“. Die Formulierung „Söhne“ konstruiert dabei ein fast familiäres Verhältnis zu den Toten. Darunter konnte an einem aus dem Mauerwerk vorspringenden Stein ein Kranz aufgehängt werden. Auf der Rückseite standen die Namen der vier Gefallenen aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71: Fritz Cadenbach, Theodor David, Eduard Knebel und Franz Schmitz.

Aber schon bald ließ der Zustand der nächsten Umgebung des Denkmals zu wünschen übrig. Im April 1921 klagte der Kameradschaftliche Verein Metternich, Nachfolgeverein des Krieger- und Landwehr-Vereins, bei Bürgermeister Effelsberg über Verunreinigungen durch Menschenkot. Der unwürdige Zustand gereiche der Gemeinde nicht zur Ehre. Der sandige Abhang werde zudem von der Jugend als Rodelbahn benutzt, was die Anpflanzungen gefährde und zu Erdabrutschen führe. Effelsberg versprach, diesen Missständen abzuhelfen.

Gleichzeitig hegte die Gemeinde seit 1920 Pläne, den Ehrenfriedhof auf dem Metternicher Friedhof mit einem Monument für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs auszustatten. Doch Weidtman wandte sich am 16. November 1920 brieflich an Effelsberg und sprach sich ganz entschieden gegen ein weiteres Ehrenmal aus. Das Kriegerdenkmal auf dem Kimmelberg in seiner einzig schönen Lage sei bereits vorhanden und für das Gedenken an die Gefallenen bestens geeignet. Als Anlagen fügte er gleich mehrere kolorierte Skizzen des Architekten Müller mit Gestaltungsvorschlägen bei. Müllers Pläne sahen hinter dem Denkmal einen Ehrenhof vor, den eine Hecke aus Rotdorn, ersatzweise auch Weißdorn, umschloss und in dessen Mitte eine Feuerpfanne loderte. Entlang der Hecke luden sechs Ruhebänke zum Verweilen ein. Der Gemeinderat stimmte diesen Entwürfen zu und auch der Bonner Provinzialkonservator der Rheinprovinz gab im Januar 1921 sein Einverständnis. Inwieweit diese Pläne dann im Detail realisiert wurden, ist unbekannt. Die Gemeindeverwaltung erstellte nun eine Liste der Gefallenen. Effelsberg forderte die Metternicher in einer Bekanntmachung vom 11. Mai 1921 auf, sie auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen. Danach erhielt Steinmetzmeister Wilhelm Dötsch den Auftrag, die vorhandenen Trachytplatten aus dem Denkmal zu lösen und durch vier neue Muschelkalksteinplatten zu ersetzen, in die neue Inschriften, u. a. mit den Namen der Gefallenen, eingebracht werden sollten. Auf Vorschlag Müllers lautete die Widmung jetzt „Ihren im Kampfe für das deutsche Vaterland gefallenen Söhnen: Die Gemeinde Metternich“.

Abb_13 Laengsschnitt A-B Mueller 12_11_1920Abb_14 Grundriss Mueller 12_11_1920

Abb_Perspektive Hangseite Mueller 12_11_1920Kolorierte Skizzen des Architekten Wilhelm Müller aus Frankfurt am Main von 12. November 1920 zur Umgestaltung des Denkmals und seiner Umgebung. (Stadtarchiv Koblenz 655,124 Nr. 13)

Die Feierlichkeiten zur Enthüllung der neuen Ehrentafel ähnelten denen der Denkmaleinweihung im Oktober 1913. Sie fanden am Sonntag, dem 28. August statt und wurden von Gemeinde und Kameradschaft-lichem Verein organisiert, dessen Vorsitz immer noch Koenen innehatte. Nach getrennten Gottesdiensten am Vormittag begaben sich die Angehörigen der Gefallenen, die übrigen Metternicher und die Mitglieder der beteiligten 14 Vereine um 14.30 Uhr auf den Kimmelberg. Dort gedachten Pfarrer Aloys Bernard Schmiz und Superintendent Otto Keller der Toten. Der stellvertretende Landrat Sträter enthüllte die Ehrentafel für die etwa 100 Gefallenen und hielt auch die Festansprache, danach legten Effelsberg und die Vereinsvorsitzenden Kränze nieder. Umrahmt wurde die Feier von Lied- und Musikbeiträgen der Metternicher Gesangs-vereine und des Orchester-Vereins Coblenz 1909. Eine Militärkapelle stand nicht zur Verfügung, denn das Rheinland gehörte gemäß den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrags zur entmilitarisierten Zone. In seinem Schlusswort rief Effelsberg zur Vermeidung aller Gegensätze und zu treuer Pflichterfüllung im Wiederaufbau auf, wovon allein eine bessere Zukunft zu erhoffen sei. 1927 wurden auf Anregung des Kameradschaftlichen Vereins die verwitterten Namen der Gefallenen aus den Einigungskriegen ausgebessert. Die Anlage eines neuen Promenadenwegs vom Kriegerdenkmal nach Güls, die 1928 zur Förderung des Fremdenverkehrs vorgeschlagen wurde, scheiterte angesichts der schlechten finanziellen Lage der Gemeinde und ihrer Einwohner.

In den 1960er Jahren wurden viele Kriegerdenkmale in Friedensmahnmale umgewidmet. Dies geschah auch in Metternich in Verbindung mit einer Restaurierung, als sich 1964 zum 50. Mal der Beginn des Ersten und zum 25. Mal der Beginn des Zweiten Weltkriegs jährte. Der pathetische Gedenkspruch wich einer schlichten neuen Fronttafel „Zum Gedenken an die Gefallenen der Kriege 1914-18, 1939-45.“ und auf der Rückseite stand „Zum Gedenken an die Gefallenen der Kriege 1864-1870/71.“

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Der Metternicher Maler Philipp Dott (1912 – 1970). Er entwarf die „Eule-Fahn“, die bis heute an Kirmes die Häuser und Straßen des Ortes schmückt. (Archiv Marita Warnke, Koblenz)

Nachdem die ganze Anlage in den folgenden Jahren wenig Beachtung fand und der Denkmalplatz zusehends verwilderte und zuwucherte, führten die Heimatfreunde Koblenz-Metternich e. V. 1993 eine grundlegende Sanierung durch. Am 18. Oktober 1993, dem vermeintlichen Jahrestag der Einweihung vor 80 Jahren, wurde das Denkmal erneut und offiziell zu einem „Mahnmal des Friedens“ umgewidmet. Seitdem lautet die vordere Inschrift „Den Toten zu Ehren den Lebenden zur Mahnung“, die rückwärtige „Zum Gedenken an die Toten der 4 Kriege in den letzten beiden Jahrhunderten“, wobei diese Zählung nicht nachzuvollziehen ist. Zusätzlich zu den beiden verbliebenen, seitlichen Inschriften mit den (falschen) Daten von Grundsteinlegung und Enthüllung informieren jetzt zwei Tafeln über die Restaurierungen im November 1964 und Mai 1993. Die nähere Umgebung der „Weidtmanshöhe“ werteten die Heimatfreunde durch die Anlage eines Kinderspielplatzes, die Aufstellung von Sitzbänken und die Anpflanzung von Obstbäumchen auf. Doch immer wieder kam es in diesem kleinen Naherholungsgebiet zu Fällen von Vandalismus und die Heimatfreunde konnten schließlich dessen Pflege bzw. Wiederherstellung nicht mehr gewährleisten. Spielplatz und Bänke sind heute verschwunden. Aber die „Metternicher Eul’“ hält weiterhin ihr wachsames Auge auf das Tal der Mosel, und das seit mittlerweile 100 Jahren.

Quellen und Literatur

Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 655,18 Nr. 349, Nr. 1322; Best. 655,71 Nr. 311
Stadtarchiv Koblenz 655,124 Nr. 13, Nr. 22; FA1; FA 4,21 Nr. 4, Bilder Nr. 218, 224, 232, 235
Coblenzer Volkszeitung vom 8.4.1913, 16.10.1913, 21.10.1913
Coblenzer General-Anzeiger vom 17.6.1913
Koblenzer Adressbuch von 1913 (online unter http://www.dilibri.de/nav/classification/106453)
Rhein-Zeitung vom 11.10.1993

Gereon Schuch: Die Metternich Eul’ – „Ein Denkmal von Stein, am Waldesrand, mit Gott für König und Vaterland“. In: Metternich im Spiegel der Jahrhunderte. Beiträge zur Ortsgeschichte. Hg. v. Heimatfreunde Koblenz-Metternich e.V./Petra Weiß. Koblenz 2002, S. 339-354

Petra Weiß: Max Weidtman. In: ebd., S. 435-440

Helmut Kampmann: Wenn Steine reden. Gedenktafeln und Erinnerungsplatten in Koblenz. Koblenz 1992, S. 253 f.

Hans Jürgen Schäfer: Genehmigt zur Veröffentlichung auf der-metternicher.de

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